Das zentrale Nervensystem mit seinen komplexen sensorischen und motorischen Funktionen verleiht lebenden Wesen eine erstaunliche Bewegungsflexibilität, die auf das Überleben ausgerichtet ist. Im Laufe von Millionen Jahren der Entwicklung hat sich eine schützende Struktur herausgebildet, die eine freie Bewegung ermöglicht und gleichzeitig empfindliche, lebenswichtige Gewebe vor Schäden bewahrt: die Wirbelsäule. Sie stellt wohl die eleganteste und erfinderischste Lösung dar, um gegensätzliche Anforderungen von Stabilität und Beweglichkeit zu erfüllen.

Die phylogenetische Entwicklung der Wirbelsäule

Stellen Sie sich eine Zelle vor, die in einer Flüssigkeit schwimmt und durch die Membran alle notwendigen Nährstoffe aufnimmt. Angenommen, diese Flüssigkeit ist nicht homogen, und an manchen Stellen gibt es eine höhere Konzentration an Nährstoffen als an anderen. Die Überlebenschancen werden für diejenigen Zellen höher sein, die die Fähigkeit besitzen, sich in Gebiete mit höherer Nährstoffkonzentration zu bewegen, indem sie ihre Form verändern. Diese ursprünglichste Form der Fortbewegung besaßen Mikroorganismen mit Scheinfüßchen.

Die Fähigkeit zur Fortbewegung gewann für diese primitiven Lebensformen immer größere Bedeutung, und sie entwickelten schließlich ein spezialisiertes Organ dafür – den Geißelfaden, den man auch bei einigen modernen Bakterien beobachten kann. Nun konnten diese Lebewesen nicht nur passiv in der Umgebung treiben, sondern aktiv nach lebenswichtigen Nährstoffen suchen. Die Bewegungsfähigkeit bot auch den Vorteil, nicht selbst zur Beute anderer Organismen zu werden.

Schließlich entstand die Notwendigkeit, ein zentrales Organ zu schaffen, das ihre Aktivitäten organisieren und lenken konnte. Bei den Plattwürmern (Plathelminthes) sind bereits Anfänge eines Zentralnervensystems zu erkennen – eine Ansammlung primitiver Nervenzellen im vorderen Teil und zwei Nervenstränge, die sich durch den gesamten Körper ziehen. Aus diesen Vorläufern entwickelten sich bei den Wirbeltieren das Gehirn, das Rückenmark und das vegetative Nervensystem. Diese lebenswichtigen, aber sehr empfindlichen Strukturen benötigten einen knöchernen Schutz – die Wirbelsäule.

Die Entwicklung der menschlichen Wirbelsäule

Die menschliche Wirbelsäule ist im Vergleich zu anderen Säugetieren einzigartig, da sie primäre und sekundäre Krümmungen aufweist. Zu den primären Krümmungen gehören die nach hinten gerichteten Brustkyphosen und die Kreuzbeinlordosen, zu den sekundären die nach vorn gerichteten Hals- und Lendenlordosen. Diese Konstruktion ist nur für Lebewesen erforderlich, die sich auf zwei Beinen fortbewegen.

Bei Primaten, die in Bäumen springen und sich mit Hilfe der Vordergliedmaßen fortbewegen, ist zwar eine gewisse Halslordose zu beobachten, aber es fehlt die Lendenlordose, weshalb sie sich nicht lange auf zwei Beinen fortbewegen können.

Aus der Perspektive des Yoga lässt sich sagen, dass der untere Körperbereich eher von Stärke (sthira) geprägt ist, um Gewicht zu tragen und sich fortzubewegen, während der obere Körperbereich eher von Sanftheit (sukha) gekennzeichnet ist, um atmen und mit den Händen manipulieren zu können. Mit anderen Worten: Der untere Teil des Körpers dient der Fortbewegung in der Umgebung, der obere Teil der Annäherung an die Umgebung.

Die ontogenetische Entwicklung der Wirbelsäule

Obwohl der Fötus im Laufe seiner Entwicklung im Mutterleib bestimmte Merkmale, die ihn mit unseren fernen Vorfahren verbinden, wie Kiemen und Schwanz, erwirbt und dann wieder verliert, ist die Theorie, dass die Ontogenese eine vollständige Wiederholung der Phylogenese ist, längst widerlegt. Dennoch lässt sich sagen, dass die Ontogenese der Wirbelsäule bis zu einem gewissen Grad eine Spiegelung ihrer Phylogenese ist.

Solange das Kind im Mutterleib ist, weist seine Wirbelsäule nur eine primäre Krümmung auf. Die erste Formveränderung der Wirbelsäule tritt auf, wenn der Kopf durch die engen Geburtswege tritt und der Hals gezwungen ist, sich nach hinten zu neigen.

Die Körperhaltung des Menschen formt sich ausgehend vom Kopf. Die Halslordose entwickelt sich weiter, nachdem das Baby im Alter von drei bis vier Monaten gelernt hat, den Kopf zu halten; ihre Ausbildung ist mit neun Monaten, wenn der Säugling bereits selbstständig sitzen kann, abgeschlossen.

Einige Monate lang, in denen das Kind auf dem Bauch und den Händen und Knien kriecht, wie unsere vierbeinigen Vorfahren, muss es den Lendenteil der Wirbelsäule darauf vorbereiten, das gesamte Körpergewicht auf die Beine zu verlagern. Im Alter von zwölf bis achtzehn Monaten, wenn das Kind laufen lernt, richtet sich die Wirbelsäule im Lendenbereich allmählich auf und befreit sich von der primären Krümmung.

Häufig gestellte Fragen

Wie beeinflusst Yoga die Wirbelsäule?

Yoga hat einen positiven Einfluss auf die Gesundheit der Wirbelsäule. Die Yoga-Übungen fördern die Beweglichkeit, Stabilität und Ausrichtung der Wirbelsäule, was Schmerzen vorbeugen und lindern kann.

Welche Teile der Wirbelsäule sind besonders wichtig für Yoga?

Die Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sind besonders wichtig für Yoga, da diese Bereiche die primären und sekundären Krümmungen der Wirbelsäule bilden. Die Beweglichkeit und Ausrichtung dieser Abschnitte ist entscheidend für viele Yoga-Stellungen.

Wie entwickelte sich die menschliche Wirbelsäule evolutionär?

Im Laufe der Evolution entwickelte sich die Wirbelsäule vom geraden Rückgrat der Fische hin zu den komplexen Krümmungen des menschlichen Rückens. Diese Anpassungen ermöglichten das aufrechte Gehen und erhöhten die Bewegungsfreiheit.

Wie formt sich die Wirbelsäule während der Entwicklung eines Kindes?

Während der Schwangerschaft weist der Fötus zunächst nur eine primäre Krümmung auf. Weitere Krümmungen entwickeln sich erst nach der Geburt, wenn das Kind lernt, den Kopf zu heben, zu sitzen und zu laufen. Dieser Prozess spiegelt die evolutionäre Entwicklung wider.

Welche Elemente verbinden die Wirbel miteinander?

Die Wirbel sind untereinander durch Bandscheiben und Bänder verbunden, die eine Balance zwischen Stabilität und Beweglichkeit ermöglichen. Dieses Zusammenspiel ist für die vielfältigen Bewegungen der Wirbelsäule entscheidend.

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