Historischer Überblick
Senfgas (β,β‘-Dichlordieylsulfid) wurde 1854 synthetisiert, aber seine hautschädigende Wirkung wurde erst 1887 beschrieben. Im Ersten Weltkrieg konzentrierten sich Ärzte auf die Wirkung von Senfgas auf Haut, Augen und Atemwege. Später zeigte sich, dass es auch schwere systemische Schäden verursacht. 1919 veröffentlichten Krumbhaar und Krumbhaar Daten, die auf Leukopenie bei Senfgasvergiftung und bei der Autopsie auf Knochenmarksaplasie, Lymphgewebsatrophie und Geschwüre des Verdauungstrakts hinwiesen.
Chemische Eigenschaften
Alle Alkylierungsmittel haben starke elektrophile Gruppen, die durch Bildung von Carbkationen oder Übergangsverbindungen mit nukleophilen Gruppen (Phosphat-, Sulfhydryl-, Imidazol-, Hydroxy-, Carboxyl- und Aminogruppen) anderer Moleküle Covalentbindungen eingehen. Die zytotoxische Wirkung dieser Präparate ist direkt mit der Alkylierung der DNA verbunden. Bifunktionelle Alkylierungsmittel (z.B. Chlorethylamine) reagieren am aktivsten mit dem N-7-Atom des Guanins – möglicherweise ist ihre biologische Wirkung hauptsächlich mit dieser Reaktion verbunden.
Wirkungsmechanismus
Die Alkylierung des Guanin-N-7-Atoms hat mehrere wichtige Folgen. Erstens befindet sich Guanin in der DNA hauptsächlich in der Lactam-Form, so dass es Wasserstoffbrücken mit Cytosin in der komplementären Kette ausbilden kann. Bei der Alkylierung des Guanins wird das N-7-Atom quartär und positiv geladen, so dass Guanin saure Eigenschaften annimmt und in die Lactim-Form übergeht. Bei der DNA-Replikation bildet das veränderte Guanin dann nicht mehr eine Paarung mit Cytosin, sondern mit Thymin, was zu einem Austausch des Guanin-Cytosin-Paares durch ein Adenin-Thymin-Paar führt.
Chlorethylamine
Chlormethyl und Cyclophosphamid sind die wichtigsten Vertreter dieser Gruppe. Cyclophosphamid wird in der Leber durch Mikrosomalenzyme aktiviert und seine aktiven Metaboliten gelangen in die Tumorzellen.
Ethylenimide und Methylmelamine
ThioTEPA ist ein wichtiger Vertreter dieser Gruppe.
Alkylsulfonate
Busulfan ist das Hauptpräparat aus dieser Klasse.
Nitrosoharnstoff-Derivate
Carmustin und Streptozocin gehören zu dieser Gruppe.
Triazene
Dacarbazin und Temozolomid sind die Vertreter dieser Klasse.
Häufig gestellte Fragen
Was sind Alkylierungsmittel?
Alkylierungsmittel sind eine Gruppe von Verbindungen, die in vivo in der Lage sind, Alkylgruppen an DNA und andere Makromoleküle anzufügen. Sie haben starke elektrophile Gruppen, die kovalente Bindungen mit nukleophilen Gruppen anderer Moleküle eingehen können.
Wie wirken Alkylierungsmittel?
Die zytotoxische Wirkung der Alkylierungsmittel ist direkt mit der Alkylierung der DNA verbunden. Bifunktionelle Verbindungen wie Chlorethylamine reagieren am aktivsten mit dem N-7-Atom des Guanins, was zu verschiedenen Schädigungen der DNA-Struktur und -Funktion führt.
Welche Hauptklassen von Alkylierungsmitteln gibt es?
Es gibt fünf Hauptklassen von Alkylierungsmitteln: 1) Chlorethylamine, 2) Ethylenimide, 3) Alkylsulfonate, 4) Nitrosoharnstoff-Derivate und 5) Triazene.
Welche wichtigen Vertreter gibt es in den einzelnen Klassen?
Zu den wichtigen Vertretern zählen:
– Chlorethylamine: Chlormethyl, Cyclophosphamid
– Ethylenimide: ThioTEPA
– Alkylsulfonate: Busulfan
– Nitrosoharnstoff-Derivate: Carmustin, Streptozocin
– Triazene: Dacarbazin, Temozolomid
Wie unterscheiden sich die Alkylierungsmittel in ihren Eigenschaften?
Die Verbindungen unterscheiden sich in Stabilität, Lipophilie, Membrangängigkeit, Bindungsaffinität und Art der Aktivierung (z.B. Cyclophosphamid vs. Chlormethyl). Dies beeinflusst ihre Pharmakokinetik und -dynamik sowie das Nebenwirkungsprofil.