Es wurden nicht-virale Methoden zur Übertragung von fremder DNA in Zellen entwickelt und erprobt: Plasmide, DNA-Liposomen-Komplexe, DNA-Protein-Komplexe und mit DNA beschichtete Goldpartikel. Sie sind einfacher und billiger herzustellen als Virusvektoren. Die geringe Effizienz und die kurzfristige Expression des Transgens schränken jedoch die Eignung nicht-viraler DNA-Zuführungsmethoden für die Gentherapie erheblich ein. Eine längere Expression kann mit Hilfe von Transposons – natürlichen mobilen genetischen Elementen, die in die Chromosomen-DNA eingebaut werden können – erreicht werden.
Plasmide
Erstaunlicherweise induziert die direkte Injektion von gereinigter DNA (oder mRNA) in Gewebe eine vorübergehende Expression von Transgen. Dies wurde im Muskelgewebe gezeigt, für das diese direkte Injektion am effizientesten ist. Auch Hautzellen sind in der Lage, Plasmidgene nach direkter DNA-Injektion in das Gewebe oder mittels ballistischer Transfektion – dem Beschuss des Gewebes, z.B. mit Goldpartikeln, die mit Plasmid-DNA beschichtet sind – zu exprimieren. Die Expression eines fremden Proteins in Haut oder Muskulatur löst nach diesem Verfahren eine Immunantwort aus, die für Impfungen genutzt werden kann.
Mit DNA beschichtete Goldpartikel
Goldpartikel (ca. 1 μm Durchmesser) mit aufgetragener Plasmid-DNA können mit Hilfe eines elektrischen Funkens oder komprimierter Gase in die Zielzelle „geschossen“ werden. Solche „Genkanonen“ werden für die Einbringung von Transgen in Zellen der Hautoberfläche (Epidermis) oder Hauttumoren (Melanome) verwendet. Die Transgenexpression dauert jedoch nur einige Tage, was eher auf die Eigenschaften der Zielzellen (z.B. Absterben von Epidermiszellen) als auf die Methode der Genzufuhr zurückzuführen ist. Der Einsatz der Genkanone eignet sich gut für Impfungen, da die kurzfristige Antigenexpression für die Stimulierung des Immunsystems ausreicht.
Liposomen
Liposomen sind ein- oder mehrschichtige Membranvesikel, die aus Lipiden hergestellt werden und in der Lage sind, DNA in Zellen zu transportieren. Der Grundgedanke ist, dass hydrophile Moleküle durch Umhüllung mit hydrophoben Komponenten leichter durch die Zellmembran gelangen können. Das Prinzip der Zell-Transfektion mit Liposomen ist in Abb. 5.3 dargestellt. Proteine und andere Moleküle können in die Lipidmembranen eingebaut werden. Da die zu übertragenden Moleküle in die Liposomen eingeschlossen sein müssen, ist der Herstellungsprozess relativ komplex. Außerdem sind die meisten für die Gentherapie verwendeten DNA-Moleküle größer als die Liposomen, was den Prozess ebenfalls erschwert. Liposomen werden in anionische (negativ geladene) und kationische (positiv geladene) unterteilt.
Anionische Liposomen
Die erste in vivo-Transfektion mit Hilfe von Liposomen erfolgte mit anionischen Liposomen, in die das Insulingen eingebaut war. Nach Transfektion stieg die Insulinkonzentration im Blut der Ratten an, und der Glukosespiegel sank. Trotz dieses Erfolgs hat die Methode erhebliche Nachteile. Nach i.v.-Gabe werden die Liposomen hauptsächlich von den Kupffer-Zellen der Leber aufgenommen und gelangen nicht zu anderen Zellen. Durch Einbau verschiedener Proteine in die äußere Liposomenschicht lässt sich das Schicksal der Liposomen im Organismus beeinflussen, insbesondere ihre Zielgerichtetheit. So kann der Anteil der von Zellen des retikuloendothelialen Systems aufgenommenen Liposomen verringert werden.
Kationische Liposomen
Das Verhalten von kationischen und anionischen Liposomen in vivo unterscheidet sich. Für viele Organe wurde gezeigt, dass die Verabreichung eines kationischen DNA-Liposomen-Komplexes in den Zuflusskreislauf zu einer Transgenexpression in diesen Organen führt. Außerdem können DNA-Liposomen-Komplexe sowohl i.v. als auch als Aerosol zur Transfektion von Lungenepithelienzellen eingesetzt werden. In Tierversuchen erwiesen sich beide Applikationswege als sicher.
DNA-Protein-Komplexe
Es wurden Methoden zur zielgerichteten Genzufuhr entwickelt, die spezifische Rezeptoren auf Zielzellen nutzen. Wenn man fremde DNA an einen Rezeptorliganden bindet, interagiert dieser Komplex selektiv mit den Rezeptoren und wird in die Zielzelle aufgenommen. DNA-Protein-Komplexe sind interessant, da sie theoretisch eine gezielte Genübertragung ohne die mit Virusvektoren verbundenen Probleme ermöglichen können. Zunächst wurden Methoden zur Bindung von DNA an Liganden auf der Basis von Polykationen, Antigen-Antikörper-Komplexen oder Biotin-Streptavidin entwickelt. Weit verbreitet ist die Verwendung von Poly-L-Lysin – einem Polykation, das leicht an verschiedene Proteinliganden gekoppelt werden kann. Beim Mischen des Poly-L-Lysin-Ligand-Konjugats mit DNA bilden sich makromolekulare Komplexe, in denen die DNA elektrostatisch an das Poly-L-Lysin gebunden ist. Diese makromolekularen Komplexe sind toroidale Strukturen mit einem Durchmesser von 50-100 nm, die selektiv an Membranrezeptoren der Zelle binden und durch Endozytose aufgenommen werden.
Häufig gestellte Fragen
Was sind die Vorteile nicht-viraler Genzufuhrmethoden?
Nicht-virale Methoden sind einfacher und billiger herzustellen als Virusvektoren. Allerdings sind sie weniger effizient und führen nur zu einer kurzfristigen Transgenexpression, was ihre Eignung für die Gentherapie einschränkt.
Wie funktionieren Plasmide zur Genzufuhr?
Die direkte Injektion von gereinigter DNA oder mRNA in Gewebe, insbesondere Muskel- und Hautgewebe, führt zu einer vorübergehenden Transgenexpression. Dies kann auch durch ballistischen DNA-Transfer, also den Beschuss des Gewebes mit DNA-beschichteten Goldpartikeln, erreicht werden.
Wie funktionieren Liposomen zur Genzufuhr?
Liposomen sind Lipidvesikel, die DNA in Zellen transportieren können. Dabei wird ausgenutzt, dass hydrophile Moleküle durch Umhüllung mit hydrophoben Komponenten leichter die Zellmembran passieren können. Liposomen können in anionische und kationische Formen unterteilt werden.
Was sind die Vor- und Nachteile von anionischen und kationischen Liposomen?
Anionische Liposomen wurden in frühen in-vivo-Studien eingesetzt, werden aber hauptsächlich von Leberzellen aufgenommen. Kationische Liposomen zeigen dagegen eine breitere Organverteilung und Transgenexpression nach systemischer Gabe.
Wie funktionieren DNA-Protein-Komplexe zur Genzufuhr?
Bei diesen Komplexen wird die DNA an Liganden für spezifische Zellrezeptoren gebunden, um eine zielgerichtete Aufnahme in die Zielzelle zu ermöglichen. So soll eine selektive Genübertragung ohne die Probleme von Virusvektoren erreicht werden.