Epilepsie ist eine chronische Erkrankung des Gehirns mit unterschiedlicher Ätiologie, die durch Anfälle unkontrollierter Erregung des Nervensystems gekennzeichnet ist. Elektrische Entladungen, die verschiedene Hirnregionen betreffen, werden im Elektroenzephalogramm in Form synchronisierter Aktivität registriert und äußern sich in motorischen, sensorischen, psychischen und vegetativen Veränderungen. Es werden mehrere Formen von Epilepsie unterschieden:
- generalisierte und fokale Anfälle;
- Anfälle mit und ohne Bewusstseinsverlust;
- Anfälle mit oder ohne auslösenden Faktor.
Die Behandlung eines akuten Anfalls ist praktisch unmöglich, da die Krampfdauer sehr kurz ist. Antiepileptika werden hauptsächlich langfristig zu Prophylaxezwecken eingesetzt. Bei Status epilepticus (multiple, aufeinanderfolgende tonisch-klonische Krampfanfälle) ist eine dringende Verabreichung von Benzodiazepinen, vorzugsweise intravenös oder rektal, erforderlich.
Bei der Entstehung eines Epilepsie-Anfalls spielen die Schrittmacherzellen eine wichtige Rolle. Ihr Ruhepotenzial ist instabil, so dass der Depolarisationsstrom nach Beendigung des Aktionspotenzials nicht aufhört.
Die Epilepsietherapie zielt darauf ab, das Potenzial der Nervenzellen zu stabilisieren und ihre Erregbarkeit zu senken. Die Anfallsprophylaxe beginnt mit einer Monotherapie. Bei generalisierten Anfällen ist Valproat das Medikament der Wahl, bei fokalen Anfällen Carbamazepin. Die Dosis wird solange erhöht, bis die Anfälle vollständig abklingen. Wenn die Monotherapie mit verschiedenen Medikamenten nicht wirksam ist, wird ein zweites Medikament hinzugefügt (Kombitherapie). Dabei steigt jedoch das Risiko von Arzneimittelwechselwirkungen. Der genaue Wirkmechanismus der Antiepileptika ist nicht bekannt. Jede Substanz hat mehrere Mechanismen, die die Erregbarkeit der Nervenzellen senken. Prinzipiell ist es möglich, die Aktivität erregender Neuronen herabzusetzen oder die Funktion inhibitorischer Neurone zu stimulieren. Erregende Neurone übertragen ihre Signale vor allem über Glutaminsäure, inhibitorische über gamma-Aminobuttersäure (GABA).
Es sind drei Typen von Glutamatrezeptoren bekannt. Aus therapeutischer Sicht spielen die sogenannten NMDA-Rezeptoren (N-Methyl-D-Aspartat – ein synthetischer selektiver Agonist) eine wichtige Rolle. Sie stellen liganden-gesteuerte Ionenkanäle dar, die bei Glutamatstimulation für den Eintritt von Na+ oder Ca2+ geöffnet werden. Valproinsäure blockiert Na+- und Ca2+-Kanäle. Lamotrigin, Phenytoin und Phenobarbital hemmen auch die Glutamatfreisetzung; Felbamat ist ein Glutamat-Antagonist.
Benzodiazepine und Phenobarbital verstärken die Aktivierung von GABA-Rezeptoren durch Erhöhung der GABA-Menge. Der Einstrom von Chlorid-Ionen wird erhöht, was der Depolarisation entgegenwirkt. Progabid ist ein direkter GABA-Mimetiker, ist aber als Arzneimittel nicht zugelassen. Tiagabin blockiert die Rückaufnahme von GABA aus dem synaptischen Spalt. Vigabatrin verhindert den Abbau von GABA.
Carbamazepin, sein Analogon Oxcarbazepin sowie Valproat und Phenytoin blockieren spannungsgesteuerte Na+-Kanäle und verhindern die Ausbreitung der Erregung (der elektrischen Welle).
Ethosuximid blockiert den neuronalen Ca2+-Kanal vom Typ T (T-Typ). Dieses Medikament ist nur bei kurzen Bewusstlosigkeitsanfällen wirksam.
Alle Antiepileptika verursachen in gewissem Maße Nebenwirkungen: Sedierung, Aufmerksamkeitsschwäche, Motivationsrückgang. Bei Blutbildveränderungen oder Hauterscheinungen muss das Medikament gewechselt werden. Phenobarbital, Primidon und Phenytoin können Osteomalazie (zur Prophylaxe Vitamin D) oder megaloblastäre Anämie (zur Prophylaxe Folsäure) auslösen. In 20% der Fälle unter Phenytoin-Behandlung tritt eine Hyperplasie des Zahnfleisches auf.
Valproinsäure hat im Vergleich zu anderen Antiepileptika eine weniger ausgeprägte sedative Wirkung. Häufige Nebenwirkungen sind Tremor, Verdauungsstörungen und Gewichtszunahme. Ein vorübergehendes Haarausfall kommt selten vor, sehr selten treten gefährliche Leberschäden auf, wobei Kinder unter 3 Jahren am stärksten gefährdet sind.
Bei der Behandlung mit Carbamazepin, insbesondere bei schneller Dosissteigerung, können Vergiftungssymptome wie Nystagmus, Ataxie und Diplopie auftreten. Häufig treten Magen-Darm-Störungen und Hautausschläge auf. Carbamazepin hat eine antidiuretische Wirkung (sensibilisiert die Sammelrohre gegenüber Vasopressin – Flüssigkeitsretention).
Carbamazepin wird auch bei Trigeminusneuralgie und neuropathischen Schmerzen eingesetzt.
Valproinsäure, Carbamazepin und andere Antiepileptika erhöhen das teratogene Risiko. Die Behandlung während der Schwangerschaft sollte jedoch fortgesetzt werden, da ein Krampfanfall der Mutter für den Fötus noch gefährlicher ist. In diesem Fall ist die Auswahl der optimalen Minimaldosis und die Gabe von Folsäure zur Verhütung von Neuralrohrdefekten besonders wichtig.
Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital und andere Antikonvulsiva induzieren die mikrosomalen Oxidationsenzyme in der Leber. Die Kombination von Antikonvulsiva sowie die gleichzeitige Verabreichung anderer Medikamente können zu Arzneimittelwechselwirkungen führen (Kontrolle der Plasmakonzentration!).
Die Behandlung der Epilepsie bei Kindern erfolgt auch mit Bromiden, ACTH und dem Glukokortikoid Dexamethason.
Es ist zu beachten, dass Neuroleptika, das Tuberkulosemedikament Isoniazid und Breitspektrum-Antibiotika in hoher Dosis die Krampfneigung erhöhen und daher bei Epilepsie kontraindiziert sind.
Benzodiazepine sollten wegen der Entwicklung von Toleranz nicht langfristig angewendet werden. Sie sind jedoch die Mittel der Wahl beim Status epilepticus.
Chlormethiazol wird auch beim alkoholischen Delir (mit möglichen Krampfanfällen) eingesetzt.
Häufig gestellte Fragen
Was sind die Symptome einer Epilepsie?
Epilepsie ist eine chronische Erkrankung des Gehirns, die durch Anfälle unkontrollierter Erregung des Nervensystems gekennzeichnet ist. Die Symptome können motorische, sensorische, psychische und vegetative Veränderungen umfassen.
Welche Formen von Epilepsie gibt es?
Es werden mehrere Formen von Epilepsie unterschieden:
– Generalisierte und fokale Anfälle
– Anfälle mit und ohne Bewusstseinsverlust
– Anfälle mit oder ohne auslösenden Faktor
Wie wird Epilepsie behandelt?
Die Behandlung zielt darauf ab, das Potenzial der Nervenzellen zu stabilisieren und ihre Erregbarkeit zu senken. Die Anfallsprophylaxe beginnt mit einer Monotherapie, bei Unwirksamkeit wird eine Kombination von Medikamenten eingesetzt.
Welche Medikamente werden eingesetzt?
Zu den wichtigsten Antiepileptika gehören Valproat, Carbamazepin, Lamotrigin, Phenytoin, Benzodiazepine und weitere Substanzen, die auf verschiedene Weise die Erregbarkeit der Nervenzellen senken.
Welche Nebenwirkungen haben Antiepileptika?
Mögliche Nebenwirkungen sind Sedierung, Aufmerksamkeitsschwäche, Motivationsrückgang, Blutbildveränderungen, Hauterscheinungen und weitere substanzspezifische Effekte.
Wie ist die Prognose bei Epilepsie?
Mit einer geeigneten medikamentösen Behandlung können die meisten Epilepsiepatienten beschwerdefrei leben. Bei Schwangerschaft und Kinderwunsch müssen jedoch besondere Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden.