Geschichtlicher Hintergrund. Die peripheren Auswirkungen zweier natürlicher Alkaloide – Nikotin und Lobelin – sind auf ihre erregende Wirkung auf die vegetativen Ganglien zurückzuführen. Nikotin wurde erstmals 1828 aus den Blättern des Tabaks Nicotiana tabacum von Posselt und Reimann isoliert, und die ersten Untersuchungen seiner pharmakologischen Eigenschaften wurden 1843 von Orfila durchgeführt. Langley und Dickinson (1889) zeigten durch Bepinselung des oberen Halssympathikusknotens beim Kaninchen, dass diese Substanz direkt am Ganglion selbst und nicht an den prä- oder postsynaptischen Fasern wirkt. Der Lobelia-Alkaloid Lobelin ähnelt in seiner Wirkung dem Nikotin, ist aber weniger aktiv.
Nikotin
Die klinische Bedeutung des Nikotins ergibt sich aus seinen toxischen Eigenschaften, seinem Vorhandensein im Tabak und seiner Suchtgefahr.
Nikotin ist eines der wenigen flüssigen, pflanzlichen Alkaloide. Es ist eine farblose, flüchtige Base (pKb = 8,5), die an der Luft eine braune Farbe und einen Tabakgeruch annimmt.
Einfluss auf verschiedene Organe
Die komplexen und unvorhersehbaren Wirkungen des Nikotins hängen nicht nur damit zusammen, dass es viele verschiedene Neurone und Sensorrezeptoren beeinflusst, sondern auch damit, dass es an den N-Cholino-Rezeptoren eine doppelte, erregende und hemmende Wirkung entfaltet. Die endgültige Reaktion eines jeden Organs auf Nikotin ist die Summe all seiner Einflüsse. So kann es zum Beispiel eine Tachykardie durch Stimulation der sympathischen und Hemmung der parasympathischen Ganglien und eine Bradykardie durch umgekehrte Effekte auslösen.
Pharmakokinetik
Nikotin wird gut aus den Lungen, von der Mundschleimhaut und der Haut resorbiert. Da es eine relativ starke Base darstellt, ist seine Resorption aus dem Magen erschwert, aus dem Darm dagegen recht vollständig. Aufgrund der langsameren Resorption aus dem Verdauungstrakt ist die Wirkung des Nikotins beim Kauen von Tabak länger als beim Rauchen.
Akute Vergiftung
Eine Nikotinvergiftung kann durch unbeabsichtigtes Verschlucken nikotinhaltiger Insektizide und bei Kindern durch Verschlucken von Tabakprodukten auftreten. Die tödliche Dosis für Erwachsene beträgt offenbar etwa 60 mg Nikotin-Basis. Die Symptome einer schweren akuten Nikotinvergiftung entwickeln sich schnell. Es treten Übelkeit, starker Speichelfluss, Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall, Kälte-schweiße, Kopfschmerzen, Schwindel, Gehörund Sehstörungen, Bewusstseinstrübung und extreme Schwäche auf. Dann kommt es zum völligen Kräfteverfall, Blutdruckabfall, Atmungsschwierigkeiten, schwachem, unregelmäßigem Puls, schließlich zum Schock und tödlichen Krämpfen.
Andere Ganglionicstimulanten
Die ganglionäre Reizwirkung von Tetraethylammonium und 1,1-Dimethyl-4-phenylpiperazinium-iodid unterscheidet sich von der des Nikotins dadurch, dass nach der Erregungsphase keine Blockade eintritt. 1,1-Dimethyl-4-phenylpiperazinium-iodid ist etwa 3-mal aktiver als Nikotin und zeigt eine etwas größere Selektivität gegenüber den N-Cholino-Rezeptoren der vegetativen Ganglien. Auch Parasympathomimetika haben eine ganglionäre Reizwirkung, die aber meist von ihren Wirkungen auf andere Strukturen überdeckt wird. Eine Ausnahme bildet McN-A-343, dessen Wirkung auf manche Organe offenbar vor allem auf einer Stimulation der M1-Cholino-Rezeptoren der postganglionären Neurone beruht.
Häufig gestellte Fragen
Was sind Ganglionicstimulanten?
Ganglionicstimulanten sind Substanzen, die eine erregende Wirkung auf die vegetativen Ganglien haben. Dazu gehören Nikotin und Lobelin.
Wie wirkt Nikotin auf den Körper?
Nikotin hat eine komplexe und unvorhersehbare Wirkung, da es sowohl erregend als auch hemmend auf N-Cholino-Rezeptoren wirkt. Es kann Tachykardie und Bradykardie auslösen und beeinflusst verschiedene Organsysteme.
Wie wird Nikotin aufgenommen und abgebaut?
Nikotin wird gut aus den Lungen, der Mundschleimhaut und der Haut resorbiert. Der Abbau erfolgt hauptsächlich in der Leber, aber auch in Lungen und Nieren. Die Halbwertszeit beträgt etwa 2 Stunden.
Wie äußert sich eine akute Nikotinvergiftung?
Symptome einer schweren Nikotinvergiftung sind u.a. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bewusstseinstrübung, Kreislaufkollaps und Atemstörungen, die bis zum tödlichen Schock führen können.
Welche anderen Ganglionicstimulanten gibt es?
Weitere Ganglionicstimulanten sind Tetraethylammonium und 1,1-Dimethyl-4-phenylpiperazinium-iodid, die eine ähnliche, aber selektivere Wirkung als Nikotin haben. Auch manche Parasympathomimetika können eine ganglionäre Reizwirkung entfalten.